Success Story 2025
Roger Scholz
Kurz vor seinem Abflug an die HYROX-Weltmeisterschaft habe ich Roger für ein Interview geschnappt und bin seiner Persönlichkeit, seinem sportlichen Werdegang und seinen Zielen auf den Grund gegangen. Begleite Roger bei den Fragen, die analog einem HYROX-Workout aufgebaut sind. – Bist du bereit? Viel Spass beim Lesen 😊
Station 1 Run: Du kannst einfach ein bisschen über dich erzählen, vielleicht, was du beruflich machst, wie alt du bist, wo du aufgewachsen bist und wo du heute wohnst.
Roger: Mein beruflicher Werdegang ist ein ziemliches Zickzack gewesen, eigentlich wie HYROX selber. (lacht) Angefangen als ich noch bei Zürich in der U16 Fussball gespielt habe. Eigentlich hätte mir Automech als Lehre gut gefallen. Aber dort, wo ich schnuppern ging, musste man bis halb sechs arbeiten. Ich hätte also keine Zeit mehr fürs Training gehabt. Dann ist klar gewesen, Automech will ich nicht. Dann habe ich meinen Filter geändert: Bei welchem Beruf hat man um vier Uhr Feierabend? (lachen) So bin ich dann auf Polymech gekommen. Die machen um vier Feierabend und so habe ich gesagt: «Polymech, das gefällt mir.» Ich hatte aber noch keine Ahnung, was man als Polymech so macht. (lachen) Ich ging dann schnuppern und hatte gleich einen Lehrvertrag – so wurde ich Polymech. (lachen) Und ich weiss noch, der erste Monat hat es mich so angeschissen, zu arbeiten. Aber ich hatte ja immer um vier Training – auf das habe ich mich immer gefreut.
Nach der Lehre wusste ich wieder nicht richtig, was machen. Und da war ich schon im Alter, wo klar war, Fussballer werden, das wird nichts mehr. Dann habe ich Maschinenbau studiert und danach sechs Jahre als Maschinist gearbeitet. Weil es eigentlich nur am PC gewesen ist, hat mir das dann auch nicht mehr so viel Spass gemacht. Mir hat das Handwerkliche ein bisschen gefehlt.
Wir haben einen Familienbetrieb, eine Kunstglaserei. Dann bin ich dort eingestiegen, habe noch mal eine Lehre gemacht als Glasmaler und jetzt bin ich selbstständig als Glasmaler tätig.
Station 2 Ski Erg: Das ist eigentlich wie Langlaufen. Dort ist es teilweise holprig. Gibt es für dich auch holprige Momente im Training und wie gehst du damit um?
Roger: Ich hatte das vor allem im CrossFit Training. Es waren entweder technische Sachen oder dann intensive Trainings. Und wenn ich heimkam von harten Arbeitstagen, dann war es schwierig, mich wieder aufzuraffen und ins Training zu gehen. So gab es Phasen, in denen ich zwei Wochen vielleicht eins oder zweimal trainiert habe.
Jetzt im HYROX-Training gehe ich an solchen Tagen einfach joggen und habe trotzdem eine gute Einheit geschafft und kann die Konsistenz im Training behalten. Also so die holprigen Trainings-Phasen kann ich nun besser kompensieren.
Station 3 Run: Du hast vorher CrossFit gemacht und intensiv Fussball gespielt. Was spielt Sport für eine Rolle im Leben?
Roger: Eine sehr grosse. Ich habe eigentlich als Bub schon immer viel mehr Energie gehabt als alle anderen. Das musste raus, weil ich in der Schule nicht mehr stillsitzen konnte. Jeden Tag hatte ich Training gehabt und das war super für mich. Ich konnte in der Schule wieder zuhören und abends die Energie rauslassen. Es gibt mir einfach ein gutes Gefühl, wenn ich das Training gehabt habe. Auch heute noch – ich bin dann einfach so viel ausgewogener.
Sport hilft mir, einen schlechten Tag im Geschäft zu kompensieren. Mit einem guten Training kann ich gleich zufrieden einschlafen.
Station 4 Sled Push: Was gibt dir im Training den ultimativen Push?
Roger: Wenn ich sehe, dass ich schneller und besser werde im Training. Das ist für mich eine riesige Motivation. Wenn man trainiert und merkt, wie es vorwärts geht, das ist der Push. Und solange das noch da ist, ist es genial! Vor allem, wenn du eben den Vergleich hast. Wenn ich schaue, wie schnell ich vor einem Jahr gerannt bin und was ich jetzt für eine Pase halten kann – mega!
Station 5 Run: Wir haben es schon kurz angeschnitten. Der Wechsel von CrossFit zu HYROX. Wie ist es dazu gekommen und wann hat es dir so richtig den Ärmel genommen?
Roger: Ich war mega angefressen von CrossFit und habe das supercool gefunden. Als vor ca. drei Jahren jemand etwas von HYROX erzählt hat, habe ich gedacht: “Das ist für die, die schlecht im CrossFit sind.” (lacht) In dieser Zeit lief es mir eigentlich sehr gut im Training aber hatte aufgrund des Jobs wenig Zeit für viele Trainingseinheiten. Dann habe ich im Dezember an einem Freitagabend HYROX-Videos geschaut und gedacht “He, das ist doch voll geil, das mache ich morgen” (lacht). Dann habe ich völlig spontan und völlig unvorbereitet vor eineinhalb Jahren das «Dings» da in der Box gemacht. Und ich habe es super gefunden. Ich habe die Zeiten der Profis angeschaut und dachte: “Hey, ich kann jetzt sicher noch viel schneller. So schnell wie die, schon schwierig, aber ich komme nahe ran.” Ich glaube, dort war wirklich der Moment gewesen, wo ich gewusst habe, es ist DER Sport, wie auf mich zugeschnitten. Ja und nachher sind wir etwa zwei Monate später an den ersten Wettkampf gegangen, nach Karlsruhe und der ist auch gerade super gelaufen. Da wusste ich, wow, jetzt habe ich meinen Sport gefunden!
Station 6 Sled Pull: Es gibt immer wieder Sachen, die einen zurückziehen. Bei dir weiss ich, dass du viele Verletzungen gehabt hast. Wie bist du mit diesen Verletzungen umgegangen?
Roger: Genau, bei mir sind es immer Sachen gewesen, die ich eigentlich selbst verschuldet habe. Und dann nervst du dich zuerst mal extrem über dich selbst. Wie zuletzt, wo ich im März brutal viel gerannt bin und dann denke: “Jetzt mache ich noch einen langen Lauf…” was dann irgendwann für den Körper einfach zu viel gewesen ist und ich dann fast drei Wochen nicht mehr richtig trainieren konnte. Ich merke, dass ich wirklich anfange, auf den Körper zu hören. Vorher haben mir das immer nur der Opa und der Onkel gesagt… Aber ich habe das Gefühl, dass ich dadurch jetzt ein effizienter Athlet bin. Je intensiver die Trainings werden, umso wichtiger wird der Punkt der Regeneration. Lieber setze ich heute bewusst mal ein Training aus, dafür falle ich nicht verletzungsbedingt für mehrere Wochen aus. Dafür bin ich am nächsten Tag wieder fit und kann Gas geben 😊
Station 7 Run: Dein Körper hat sich optisch sehr verändert. Was machst du anders als vorher? Wie hat sich dein Körper für dich verändert?
Roger: Ich habe es immer selbst ausprobiert mit Abnehmen. Ich dachte, ich mache genug Sport und esse einfach ein bisschen weniger oder stelle mir das Essen anders zusammen und dann sollte es ja schon gehen – aber es hat einfach nie geklappt. Dann habe ich mir professionelle Hilfe von einem Ernährungsberater geholt – mit seinen Tipps geht alles problemlos. Also, ich habe jetzt zehn Kilo abgenommen und habe aber von der Maximalkraft fast noch die gleichen Werte wie vorher. Auch die Explosivität ist besser als vorher. Ich habe jetzt einen Hang Clean geschafft mit 100 Kilo. Das habe ich vorher noch nie geschafft. Und auch Muscle Ups gehen viel besser, obwohl ich sie gar nie mehr trainiert habe. Einfach als Nebeneffekt – das ist schon cool. (lachen)
Aber die Energiereserve ist sehr knapp bemessen – das merke ich auch im Alltag, wenn ich beim Serienschauen am Abend einfach einschlafe. Oder vor dem HYROX in Berlin, als ich gedacht habe, ich könnte noch mal ein bisschen mehr abnehmen und einfach noch ein bisschen weniger essen als auf dem Plan stand. Und das hat dann schon nicht mehr funktioniert. Ich war völlig schlapp.
Station 8 Burpee Broad Jumps: Du hast im HYROX mega Gas gegeben und deine Ergebnisse haben dich in kürzester Zeit auf ein Spitzenniveau gebracht. Hast du mit dem gerechnet? Was sind deine weiteren Ziele? Auch nach der Weltmeisterschaft.
Roger: Als ich meinen ersten HYROX gemacht habe, das war in Karlsruhe, habe ich eigentlich gewusst, dass ich das so in ca. einer Stunde schaffen könnte. Um aber mit den Besten mithalten zu können und noch schneller zu werden ist das Körpergewicht das A und O. Ich habe dann mein Training, vor allem mein Lauftraining, angepasst. Beim Verbessern der Laufzeit habe ich gemerkt, dass die Muskeln und Sehnen viel mehr Zeit brauchen, um über eine lange Distanz schneller zu werden. Ich bin jetzt nach 1-2 Jahren auf einer super Basis, um noch schneller zu werden. Die Schritte zu einer besseren Zeit und weiter nach vorn werden natürlich immer kleiner und härter. Der Zeitaufwand ist recht gross, vor allem für die Regeneration. Aber der Reiz ist da, um in Genf eine richtig schnelle Zeit rauszuhauen, und ich glaube, dann schaue ich mal weiter, was passiert.
Station 9 Run: Jetzt bist du im Wettkampf bereits in der Hälfte und im fünften Run angekommen, gehen sie bei dem Punkt an bestimmte Gedanken über den Kopf?
Roger: Ja – immer! Ich bin grundsätzlich einer, der nicht zu schnell startet. Aber da ist eigentlich immer der Moment, wo ich das erste Mal auf die Uhr schaue. Für meine eigene Zeit und zu schauen, wie nahe ich an die 60 Minuten kommen kann. Was kann ich noch machen, oder nicht, wie fühle ich mich und wie stark kann ich noch pushen. Das ist dann der Moment, wo ich probiere, ein bisschen strategisch noch mal in mich hineinzuhören, wie ich mich fühle und wie meine Kräfte sind. Ist noch einer vor mir, an den ich mich ran hängen kann, oder soll ich selber pushen… Es sind viele Gedanken, die mir wirklich meistens beim fünften Lauf, durch den Kopf gehen. (lachen)
Station 10 Row: Bei mir starten auf längeren Ruder-Distanzen die Selbstgespräche im Kopf. Kennst du das auch? Machst du bestimmte Mindset-Übungen, die dir während dem Wettkampf helfen, einen kühlen Kopf zu bewahren?
Roger: Das ist ein super Punkt. Vor allem genau im Mittelteil vom HYROX. Man hat genau bei den Movements “Run – Row – Run” viel Zeit, um sich Gedanken zu machen. Ich habe die Tendenz, mich zu verkrampfen. Dann denke ich oft an andere Sportler. Zum Beispiel habe ich dann den Boxer,
Oleksandr Ussyk, im Kopf – wie er in den Trainings zu seiner ukrainischen Musik tanzt und Freude hat. (lachen) Oder auch der Ronaldinho, wie er locker tanzt und locker bleibt. Wenn ich das mache und mir bewusst diese Szene abspiele, werden meine Zeiten schneller und alles wird viel lockerer für mich. In dieser Phase ist es also genau das, was ich brauche.
Station 11 Run: Du hast schon gesagt, du arbeitest im Familienbetrieb in einer Kunstglaserei als Geschäftsführer. Wie bringst du den Trainingsalltag mit dem Beruf unter ein Dach?
Roger: Es geht eigentlich recht gut. Das Geschäft ist sehr nahe bei der Box. Das ist optimal mit den kurzen Distanzen. Es ist halt so, dass es Wochen gibt, die sehr hart sind und ich nicht viel zum Trainieren komme. Meine Arbeit ist sehr körperlich, also fast wie ein Workout, was dann teilweise das Training etwas kompensiert. Im Herbst nach der Baustellensaison ist die Kraft wieder gut und dann nach dem Winter im Büro merke ich wirklich den Unterschied.
Station 12 Farmers Carry: Augen zu und durch. Bei welcher Situation kommt für dich dieses Sprichwort zum Zuge und hast du ein Lieblingssprichwort?
Roger: “Augen zu und durch” trifft es ziemlich gut für diese Phase. Vor allem gegen das Ende des Wettkampfs. Am Anfang hat man noch genügend Energie und man sucht seine Pace. Aber zum Schluss geht’s genau um das 😉 Und sonst kenne ich vom Fussball noch viele Sprichwörter (lacht), aber die möchte ich hier lieber nicht sagen (lacht).
Station 13 Run: Damit du deine Pace auch im Alltag halten kannst und alles so gut aufgeht, brauchst du wahrscheinlich Unterstützung. Was ist für dich die beste Unterstützung? Oder was hilft dir, deine Ziele zu erreichen?
Roger: Ja, meine Partnerin ist natürlich eine riesige Unterstützung. Man merkt, dass jemand da ist, der einen in dem ganzen Aufwand unterstützt und immer Verständnis hat – vor allem auch für die Phasen der Regeneration. Es ist wie ein gemeinsames Projekt.
Für mich ist es auch nicht immer einfach gewesen, ich hätte gerne mehr Energie gehabt, um mal Freunde zu treffen oder einen Film zu schauen… Diese Zeit war recht begrenzt, viel kürzer geworden… eigentlich zu kurz geworden. Und dann ist es mega wichtig, dass man jemanden hat, der mitzieht, und man merkt: “Wir machen das zusammen und das ist okay.”
Aber noch zehn Jahre so weiter geht auch nicht (lacht).
Station 14 Sand Bag Walking Lunges: Schritt für Schritt in Richtung Weltmeisterschaft. Gibt es etwas, was du anders machst in deinem Alltag?
Roger: Die Trainings werden natürlich ein bisschen anders. Aber auch beim Essen, dort war mein Ernährungsberater eine super Hilfe. Er hat mir einen Plan gemacht, wie ich mich ernähren soll, so eineinhalb Tage vor dem Wettkampf. Und so habe ich eigentlich ein gutes Gefühl, dass ich voll bereit bin.
Station 15 Run: Hast du eine Routine, die du vor dem Wettkampf oder am Abend vorher durchgehst?
Roger: Beim Fussball hatte ich schon Routinen, aber irgendwie habe ich alle verloren. Einfach machen – einfach machen ist das Motto. Vielleicht mach ich vorher noch einen Run mit etwas schwereren Laufschuhen, so dass sich die Runden am Wettkampf dann etwas leichter anfühlen. 😊
Station 16 Wall Ball Shots: Lieber Roger das Interview mit dir hat mega Spass gemacht und es war ein Auf und Ab der Themen. Wir wünschen dir ganz viel Spass, Energie und gute Momente in Chicago. Vielen Dank für deine Zeit und bis bald in der Box! Wir sind stolz auf dich!